Wie bürgerfreundlich ist die Verwaltung?

Lebhaft diskutiert wurde Anfang März ein Antrag der grünen Stadtratsfraktion zur Unterstützung von Bürger*innen bei schriftlichen und digitalen Anträgen. Es kam zu keiner Abstimmung, aber die Grünen baten die Verwaltung um Vorschläge, wie Bürger*innen künftig besser bei Antragstellung „abgeholt“ werden. Hier der Antrag im Wortlaut:

Durch die Pandemie hat sich für viele Menschen bei den Behördengängen die Beratungssituation massiv verändert. Die Antragsstellung wurde in vielen Bereichen stark erschwert, fast sogar unmöglich gemacht. Zusätzlich ist noch zu erwähnen, dass die sogenannte Amtssprache nicht für alle Bürger*innen verständlich ist. Es ist sehr wichtig zu bedenken, wie die Behörden Hilfesuchende in Zukunft grundsätzlich unterstützen wollen. Hilfesuchenden wird oft gesagt, sie sollen nötige Formulare im Internet herunterladen und ausdrucken. Leider
besitzt nicht jeder Mensch einen Computer oder einen Drucker, oder er/sie kann keinen Computer bedienen. Oft wird dann darauf hingewiesen, sie besäßen ja ein Handy. Kann man wirklich einen Antrag mit mehreren Seiten auf einem Handy ausfüllen? Oft muss ein Antrag ausgedruckt und unterschrieben werden, geht das?
Unsere Behörden nennen sich gern bürgerfreundlich. Seit Jahren werden Bürger*innen sogar als Kunden bezeichnet, aber werden sie kundenfreundlich behandelt? Das ist die zentrale Frage. Viele Kund*innen können Anträge nicht ausfüllen und können nicht an der digitalen Welt teilnehmen. Manche Bedürftige geben auf und erhalten somit nicht, was ihnen gesetzlich zusteht. Es handelt sich um ältere Menschen, Menschen mit Beeinträchtigung, mit geringen Sprachkenntnissen oder Menschen, die nie etwas mit Bürokratie zu tun hatten, jetzt aber aus verschiedenen Gründen wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit vor dieser Herausforderung stehen. Wir leben im Wandel der Zeiten, dürfen aber eine große Gruppe unserer Mitbürger*innen nicht ausschließen.
Die Verwaltungen müssen in Zukunft zweigleisig arbeiten, Anliegen müssen in Papierform oder digital eingereicht werden können. Wir riskieren eine noch größere Spaltung der Gesellschaft, wenn wir nicht gemeinsam tätig werden. Wir bitten die Verwaltung um Vorschläge, damit alle Bürger*innen sich in unserer Stadt angenommen fühlen.
Mit freundlichem Gruß
Engeline Kramer